In der neuen Heißzeit 279 Sm und 180 Rad Km Teil 5

Freitag, 24.08.2018  der 10. Segeltag
Plätschern unter dem Heck holt mich aus den Träumen. Wie geht das denn? Wir liegen doch mit dem Bug im Wind vor Anker und die Wellen brechen sich achterlich am Heck und am Schlauchboot? So schnell bin ich selten aus dem Bett gesprungen. Genesis liegt tatsächlich heckseitig im Wind. Das Schiff hat sich über die Ankerleine gedreht und diese hängt jetzt anscheinend zwischen Kiel und Ruder. Das führt zu dieser kuriosen Schiffsausrichtung. Traumwandlerisch fälle ich natürlich die falsche Entscheidung. Ich lasse das Bugstrahlruder herunter oder war es noch unten? Egal, auf jeden Fall denke ich mir, dass ich so ohne den Motor zu starten und Didi zu wecken genesis zurück drehen kann, um den Kiel von der Leine zu befreien. Ich hätte gestern Abend Neptun oder welchem Meergott auch immer mit einem Schluck Portwein gedenken sollen. So passiert, was kommen muß, die Ankerleine wird vom Bugstrahlruder erfaßt und wickelt sich anscheinend um den Propeller. Sch…..! Ich kann jetzt in der Dunkelheit nichts weiter ausrichten. Der Anker hält und zur Sicherheit lasse ich noch den Heckanker ab, um einem möglichen Winddreher zu begegnen. Den Rest der Nacht verbringen wir „sehr“ unruhig. Bei jedem fremden Geräusch und jeder Schiffsbewegung sitzen wir wie von der Tarantel gestochen aufrecht im Bett und lauschen. Ich mache jedesmal meinen Kontrollgang und prüfe den Druck auf der Trosse. Wann wird es endlich hell?
05:30 Uhr gehe ich baden und schwimme zur Ankertrosse. Zwischen Klampe an Bord und dem Bugstrahlruder ist die Leine stramm gespannt. Der weitere Weg der Leine zum Anker ist hinter dem Bugstrahlruder frei beweglich. Ich hole mehrere Meter Leine ein und übergebe den losen Part einer Leinenbucht an Didi, die diesen auf der Klampe belegt. Nun ist der Anker und das Schiff gesichert und ich kann das Zwischenstück mit dem Bootsmesser durchtrennen. Erst jetzt ist die Spannung aus dem Seil. Ich kann jetzt schritt- bzw. zentimeterweise den Rest durch den Tunnel vom Bugstrahlruder drehend, ziehend herausbekommen. Die Schraube ist okay, keine Kante abgebrochen oder verbogen. Glück im Unglück. Jetzt gehe ich wieder an Deck, um mich aufzuwärmen. Brrrh ist das kalt! Ich bin nur zu faul gewesen den Schwimmanzug aus den Tiefen der Achterkabine zu holen.
Das Frühstück mit Ei und Speck habe ich mir doch verdient oder?

Den Anker brechen wir um 07:00 Uhr aus und unter Motor geht es in Richtung Peenstrom nach Wolgast. Vor dem Brückenzug legen wir an der Kaimauer in Wolgast nach 16,5 Sm an. Ich nutze die freie Zeit beim Schiffsausrüster einen zweites SPI-Baumschlitten mit Auge zu kaufen, -so selten nachgefragtes Zubehör hat er nicht-; also bestelle ich es bei SVG von Bord aus. Gestärkt starten wir nach dem Brückenzug in Richtung Bodden. Der SW ist hier noch abgedeckt und nur unter Genua III und etwas Dieselgenua geht es die Peene stromabwärts. Wir wollen jetzt in den Heimathafen und lassen Kröslin an Backbord liegen. „Eigentlich“ wollten wir hier heute Abend bleiben und den Vortrag von Guido Dwersteg „Törn um den Tiger“ anhören.
Guido macht hier Station http://www.törn.de/blog/tiger/1-2/ und referiert über die Umrundung Skandinaviens durch die Seen und Kanüle nördlich von St. Petersburg bis in die Baringsee und außen rum wieder zurück bis in die Ostsee.
„Uneigentlich“ wollen wir in den Heimathafen und vor der Brücke in Greifswald übernachten. Unsere Freunde von der „Harmonie“ haben den Vortrag angehört und sind enttäuscht uns nicht angetroffen zu haben, erzählen sie uns am Samstagnachmittag im Salon Ihrer Hanse. Wir laufen den Peenestrom weiter in Richtung Mündung und bekommen vor der Knackrückenrinne derart einen auf die Nase, dass wir umdrehen und uns nicht gegen den mittlerweile auf 5-6 NW aufgedrehten Wind in dieser engen Fahrrinne „verfahren“ =  aus dem Ruder laufen und vielleicht noch den Grund berühren. Wir drehen ab nach Freest. An der Mole ist nichts mehr frei und so gehen wir in die Bootswerft Freest zu Kirsten Dubs,  der Bootsbauerin nach weiteren 9,6 Sm an den Steg.

Uwe und sein Papagei Cora liegen immer noch mit seinem zu restaurierenden Haikutter hier. Er macht sich als Hafenmeister nützlich und kassiert unser Liegegeld. Die restlichen Meter der abgeschnittenen Ankertrosse reiche ich ihm, die er dankend annimmt.

  

Ich nutze das gute Wetter und verstaue den Klüver, schlage den Gennacker ab und klare über Deck auf. Dem Schlauchi geht die Luft aus und es wandert in den Packsack. Nach der Arbeit kommt die Pause. Wir machen eine Runde durch die Bootswerft und gehen zum Strand. Hier bestätigt sich unser Sicherheitsdenken. Die erste Yacht sitzt schon „auf“ im Knackrücken. Und wir liegen sicher im Hafen. Auf dem Rückweg entscheiden wir uns gegen die Bordküche und gehen in die „Waterkant“ zu Ronald Streeck und Familie.
https://www.waterkant-freest.de/
Didis Vorschlag wird angenommen und wir werden nicht enttäuscht. Vater,  Sohn und (?Schwieger-) Tocher sind noch echte Wirtsleute und heißen uns per Handschlag willkommen. Es herrscht eine familiäre Stimmung, die weder vor, bei, noch nach der Mahlzeit aufhört. Das Wirtshaus ist bis auf den letzten Platz gefüllt. Einer von der Familie ist immer um uns oder bei den anderen Gästen bemüht, Gastlichkeit zu versprühen, ohne das es aufdringlich wird oder wirkt. Es gibt zum Abschluß einen Rostocker auf Kosten des Hauses. Jetzt fahren wir schon seit Jahren nach Freest und sind hier immer vorbei gegangen. Nun, das wird sich in Zukunft ändern.

Samstag, 25.08.2018 der 11. Segeltag
Wir nutzen die Gunst der frühen Stunde, um mit weniger Wind den Knackrücken zu passieren. Mit einem Reff und dem Passatsegel geht es bereits um halb Sieben in den Peenestrom. Im Hafen haben wir SW um 2; hier draußen sind außerhalb der Landabdeckug schon 4-5 aus fast idealen Richtung. Nach der Passage der Rinne wundern wir uns über die vielen Bagger, Kümos und „Behördenfahrzeuge“ Im A.I.S. ist der gesamte Böttcher Grund mit Schiffen belegt. Das bekommen wir auch per Funk und Schallsignal mitgeteilt. Wir sollen weiter in Richtung Nord segeln und den Böttcher, kleinen und großen Stubber weiträumig umgehen. Wir laufen bis die Tonne Reddewitz in Sichtweite kommt und gehen über Kreuz in Richtung Greifswald. Unterwegs weichen wir dem Regattafeld der Boddenetappen aus und geben den Racern Raum. Unser Stegnachbar kommt uns unter Gennacker entgegen und wir kommen leider nicht zum Fotoshooting. Ich bin gerade beim Segelbergen, Didi holt die Fallen dicht und wir haben nur eine Hand zum Grüßen frei. Deshalb hier ein Bild der SY Garlix von deren Webseite.

Mit diesem Umweg legen wir erst nach 27 Sm um 11:20 Uhr vor dem Hafenamt an der Wassertankstelle an. Bei Gurke gibt es Räucherlachs Brötchen mit allem und so sind wir gestärkt für den nächsten Brückenzug.
Wir tanken bei Matthias Wunderlich nach; es gehen jetzt nach fast einem Jahr segeln, motoren und vor allem heizen 66 l vom Carediesel in den Tank.
Evi und Heinz von der Harmonie begrüßen uns und wir kommen zum Snacken und Kaffee an Bord. Sie waren über 3 Monate unterwegs; diesmal auch in Südnorwegen und berichten von der Heißzeit in Schweden und Norwegen. Es wird schon schwierig, wenn alle in der kurzen Zeit etwas erzählen wollen und so halten wir uns zurück und lassen die beiden berichten. Meine weiteren Fragen und Erfahrungen mit Norwegen werde ich mit Heinz per Email in den Wintermonaten austauschen. Wir gehen wieder auf die genesis und machen Klar Schiff unter Deck.
   

Nachdem wir alles verstaut, aufgeräumt und die schmutzige Wäsche im Auto haben, fotographiere ich die Klamotten usw., um zum nächsten Törn nicht alles doppelt zu haben oder zu viel an Bord bringe. Hier bewährt sich auch die Einkaufs- bzw. Stauliste. Ich brauche nur am Tablet ankreuzen, was an Lebensmitteln an Bord verbleibt.

Sonntag, 26.08.2018 der letzte Tag
Es geht nach Hause. Wir kommen bereits um 09:30 Uhr vom Gelände, sind aber erst am späten Nachmittag wieder Zuhause. 7 Staus und 8 Stunden Fahrt. Es sind noch Ferien und ein Superwetter für die Wochenend- und Tagesausflügler. Wir haben den Rückweg anfangs für Montag geplant; nur sind in der Zwischenzeit neue Termine und Arbeiten angefallen, die keinen Aufschub im Büro zulassen. Das wird in Zukunft alles anders…!?