Eingeweht auf Bornholm (76,78 Sm)

Freitag, der 13. September im Heimathafen
Ich bin gerade im Marktkauf als mein Handy schellt. Volker, mein Ex Nachbar aus Limmersdorf, ist im Anmarsch. Laut Navi kommt er um 18:00 Uhr an. So kann ich noch umdisponieren und ein Fischbrötchen zur Ankunft und ein halber Hahn zum Abendbrot kommen mit in die Kühltasche.

Wir stauen den Proviant und dann ist er da. Unser Neuling an Bord; noch nie gesegelt, aber seit der Kindheit ein „Bornholmer“ mit dem Wunsch einmal zur Insel seiner Sehnsucht zu segeln. Die Windprognosen für den Hinweg sehen moderat aus. Allerdings nur, wenn wir Samstag durchsegeln und bis zur Wetteränderung am Mittwoch bleiben. Von Sonntag bis Mittwochmorgen sind Starkwinde um 8 mit Sturmböen von 9-10 Beaufort aus dem SW und westlicher Richtung auf NW drehend vorhergesagt. Nach den Brötchen folgt die Sicherheitseinweisung, mal schauen, ob Volker in meinen alten Segelanzug passt. Die Rettungsweste wird anprobiert, eingestellt und erläutert. Prophylaktisch gibt es eine Ingwersoße zu den Nudeln mit Erdnussbutter und Stücke vom Hähnchen, Kaffeeverbot, viel Vitamin C zum Nachtisch und ganz, ganz, ganz wenig Alkohol. Die Nachtruhe wird bestimmt und so wird es bereits um zehn Uhr ruhig unter Deck.

Samstag, 14.09.2019: Wieck-Rönne (76,78 Sm)
Der Wecker holt uns um sechs aus den Kojen, Körperpflege, Frühstück, Spülen und Wasserbunkern und schon dreht die Uhr sich zwei Stunden weiter. Ich möchte frühzeitig ablegen, um vor der Brück zu halten und Fisch einkaufen. Der Ab- und anschließende Anleger klappt auf Anhieb. Aus dem Fischladen bringe ich fast ein Kilo vom schwarzen Heilbutt mit. Mit dem 09:00 Uhr Brückenzug verlassen wir den Ryck und über die Dänische Wiek geht es in den Bodden. Die meisten Segler legen nach dem Brückenzug ihre Kurse gen Vilm und dem Strelasund. Neben uns segelt nur die Sabrina in Richtung Landtief. Bereits um elf Uhr passieren wir die Tonne L12. Das Reff von Freitagmorgen bleibt im Groß und auf dem Bodden fahre ich das Passatsegel mit einem Spibaum. Schade, im Landtief Fahrwasser ist der Windeinfallswinkel zu spitz. Alles wieder umbauen und aus dem Passatsegel wird wieder die Genua 2. Mit dem NW mit 5 Beaufort kommen wir auch so schnell voran und lassen mit 7-8 Knoten über Grund Genesis laufen.

Zur Mittagszeit bitte ich zu Tisch. Die beiden Mitsegler möchten lieber im Cockpit im Freien essen und nicht nach unten kommen. So gibt es die Minestrone in Müslischale bei Sonnenschein. Der Winddreher auf West kommt mir zur rechten Zeit. Es frischt auf 6 Beaufort auf und ich passe die Segel an. Das Groß bekommt einen Bullenstander und die Genua bekommt als Partner das Stagsegel in Luv. Mit dieser Besegelung geht es in Richtung Windpark am Adlergrund. Nach dem Sonnenuntergang und Einbruch der Dunkelheit rolle ich die Genua ein und lege ein Strecktau zum Einpieken im Cockpit aus. Das Barometer ist in den letzen sechs Stunden um 6 mbr gefallen und die Windstärke hat sich auf permanente 6 Beaufort eingependelt. Die Wellen nehmen entsprechend an Höhe und Länge zu. Gefühlte und zu sehende 2m aber tatsächliche ein Meter Wellenhöhe.

Die Crew hält sich tapfer und wir segeln bei Vollmond Bornholm entgegen. Es sind viele Militärschiff unterwegs, die das AIS ausgeschaltet haben und wenig Radarschatten bieten. Immerhin fahren sie vorschriftsmäßig die Positionsleuchten und halten sich von uns frei. Nach 11 Stunden Segelzeit hole ich die Segel herunter und bereite die Festmacher vor. Bei der Schaukelei lasse ich keinen anderen nach Vorne und an den Mast. Eingepiekt in die Lifeleine nehme ich den Tanz auf dem Vorschiff in Kauf und mache Klar Schiff zum Anlegen. Bedingt durch den Umbau des Nordhafens sieht es hier anders aus, als beim letzten Mal vor einem Jahr. Mit viel Power aus der Taschen- und Kopflampe sind die neuen Pöller und Fingerstege zu sehen. In Lee an den Hauptsteg „traue“ ich mich nicht. Wenn die erste Leine nicht sitzt, ist eine Wiederholung kaum möglich. So entscheide ich mich für den einfacheren und „sicheren“ Weg und lege Genesis in Luv an den Hauptsteg gegenüber der Tankstelle. Alles was Fender heißt kommt an die Steuerbordseite und so abgefedert lasse ich mich mit Fahrt Vor und Zurück vom Wind an den Steg drücken. Mit der Achterspring in der Hand und Fahrt Zurück lege ich die Leine um den nächstbesten Pöller, den ich von achtern erreiche. Genesis dampft in die Achterspring ein und ich brauche 2.500!!! Umdrehungen um das Schiff in Position zu halten.
Es bläst mit über 30 Knoten von schräg achtern auf den Rumpf!
Nun kann ich die Vorleine, Vorspring mir von Klaus-Jürgen zuwerfen lassen und belegen. Genesis liegt erst einmal fest. Motor aus und weitere Festmacher gehen an die Luvseite zum nächsten Fingersteg, um Genesis vom Kai frei zuhalten. Ich werde meine Fender küssen, wenn sie diese Tortour die nächsten 3-4 Tage standhalten. Gegen halb Zehn bin ich mit der Lage zufrieden und wechsele meine durchgeschwitzen Plünnen. Die Crew hat zwischenzeitlich eine Brotzeit aufgetischt und es gibt Wurst vom Metzger aus Thurnau und Kommunbräu aus Kulmbach. Bei Tisch wird nachgerechnet. Wir kommen auf einen Schnitt von 7 Knoten für die Überfahrt trotz eingebremster Segeltragezahl. Nach der späten Brotzeit fallen wir hundemüde in unsere Kojen und lassen uns Durchschaukeln. Das Quietschen der Fender hört sich wie das Heulen von Katzen an. Die Dinger haben was zum Aushalten…!? Ich drücke fest die Daumen und schlafe unruhig ein.

Sonntag, 15.09.2019 – Eingeweht Tag 1
Mitten in der Nacht heulen die Fender dermaßen laut und die Leinen knartschen unter der Last. Der Wasserstand ist um 1 m gefallen. Leinen nachstellen, Fender neu justieren und zurück in die warme Koje. Frühsport sieht anders aus. Der Duft vom gebrühten Kaffee weht durch das Schiff und kitzelt mich aus den Federn. Volker hat Brötchen und Gebäck eingekauft. Unser spätes Frühstück hält uns länger als geplant an Bord. Für heute ist ein Stadtrundgang angesagt. Einmal durch die Altstadt von Rönne und auf ein Bier in ein Cafe. Ich laufe auf dem Rückweg gegen einen Laternenpfahl. Wie heißt es so schön im Straßenverkehr: Augen hoch und nicht auf das Handy gucken. Glücklicherweise hält mein dicker Bauch den Aufprall ab und der Kopf bleibt unberührt. Das Porter hatte wohl zu viel Alkohol 8%! Zurück an Bord bauen wir die Kuchenbude auf, prüfen die Leinen und Fender und machen es uns im „Wintergarten“ gemütlich.

In der Pantry pochiere ich den Heilbutt in Olivenöl bei 50-60°. Dazu kommt ein Ratatouille und Baguette aus dem Ofen. Für die Nachspeise ist kein Platz mehr und so überlasse ich den beiden wie gehabt den Abwasch und das Aufräumen und rauche eine Pipe im Wintergarten. Gute Nacht

Montag, 16.09.2019 – Eingeweht Tag 2
Der morgentliche Jogginglauf führt Volker wieder zum Bäcker. Bei der Gelegenheit hat er aus der Touristeninfo 3 Bus Tageskarten erworben. Wir lassen uns die dänischen Kostbarkeiten schmecken und schmieden unsere Bustour. Wegen des nun wieder steigenden Wassers bleibe ich vorerst an Bord und wir verabreden uns nach der Rundkirchenbesichtigung in Österlars zu treffen. Ich lege die Bilge trocken. Das Wasser kommt definitiv aus dem Wassertank. Hier muß im oberen Viertel ein Riss oder Undichtigkeit sein. Ich pumpe 4 blaue Eimer mit je 8l voll und lege die Bilgen trocken. Nach einem verspäteten Duschgang gehe ich auf den Wellenbrecher und staune über die aufgewühlte See. Da geht heute keiner raus. Selbst die Katamaranfähre muss umkehren, lesen wir später im Internet. Autos, Motorräder und Wohnwagen sind verrutscht und demoliert. Es kommt die alte Fähre, 50 Jahre hat die auf dem Buckel, wieder zum (Ersatz) Einsatz.


Mit der Linie 3 fahre ich um 12:03 Uhr ab und treffe die beiden um 12:30 Uhr beim Zusteigen in Österlars. Gemeinsam geht es weiter nach Svaneke. Wir steigen im Norden der Stadt aus und gehen über Vige Havn am Ufer entlang nach Svaneke. Unser Bornholmführer Volker kennt alle Wanderwege hier. Nach dem Rundgang durch den Ort gehen wir ins Brauhaus und vertilgen die Heringsplatte mit dem Selbstgebrauten. Ankerlieger heißt unsere Bierwahl. Passend. Im Hafen liegt eine gerade angekommene Charteryacht auf dem Weg nach Breege. Na dann Mast und Schotbruch, den wir denen aber nicht wünschen. Die bekommen das Grüne bestimmt nicht aus dem Gesicht. Ich verabschiede mich von den beiden und fahre zum Schiff zurück. Die Wasserstandsänderungen lassen mir keine Wahl.

Dienstag, 17.09.2019 – Eingeweht Tag 3
Das Procedere mit dem Frühstück wiederholt sich. Nur das es viel weniger oder kaum zu essen gibt. Wir wollen in Allinge das Heringsbufet plündern und genießen. Mit dem 7/8 Bus geht es an der Westküste entlang gen Norden. Wir steigen bereits in Sandvig aus und folgen unseren Bornholmführer auf dem Küstenweg nach Allinge.

ff